Das Haus Rauru – Meisterwerk der Maori

07.10.2012: Neueröffnung im Museum für Völkerkunde Hamburg

Fast einhundert Maori waren zur feierlichen Neueröffnung des Maori-Hauses Rauru am 7. Oktober nach Hamburg gekommen. Die eigentliche Weihung fand vor Sonnenaufgang statt („dawn ceremony“), aber auch die Öffnung für das Publikum geriet zur stimmungsvollen Zeremonie.

Das Rauru-Haus

„Rauru“ mit seinen prachtvollen Schnitzereien ist das besterhaltene Maori-Haus außerhalb Neuseelands und hat eine ungewöhnliche Geschichte. Seit 100 Jahren steht es im Museum für Völkerkunde Hamburg. Zwar hatte Rauru seit Anbeginn einen eigenen, öffentlich zugänglichen Raum, aber über Jahrzehnte führte Rauru ein Schattendasein zwischen schwarzen Wänden und nach oben hin abgedichtet. In Zusammenarbeit mit Te Arawa, dem Stamm aus der Gegend von Rotorua, wo vor etwa 150 Jahren der Bau des „wharenui“ begonnen hatte, erfolgten in den letzten 5 Monaten umfangreiche Restaurierungsarbeiten am Dach und an den Flechtpaneelen. Der gesamte Ausstellungsraum wurde neu gestaltet, Rauru steht jetzt hell zwischen einer Kulisse aus Farnwäldern und vulkanischer Landschaft und hat Verbindung mit der Sonne und den Sternen.

In den Augen der Maori ist das Versammlungshaus ein lebendes Wesen. „Rauru“ ist nach einem bedeutsamen Vorfahren benannt, sein Geist ist im Haus präsent. Den respektvollen Umgang ließ Te Waru, ein bedeutender Maori, der Mitte des 19. Jahrhunderts zu Ehren seiner jungen Frau ein reich verziertes Versammlungshaus bauen lassen wollte, vermissen; mit dem Rauchen seiner Pfeife auf der Baustelle brach ein „tapu“. Seine Braut starb und später starben auch seine zweite und seine dritte Frau, für die er jeweils an dem Haus weiterbauen ließ. Jahrzehnte später erwarb ein Hotelier das halbfertige Haus und beauftragte den jungen Schnitzkünstler Tene Waitere mit der Fertigstellung. Auf Anregung des Hotelmanagers stellte der Schnitzer, der heute als „Michelangelo Neuseelands“ gilt, nicht nur traditionelle Figuren her, sondern schnitzte auch wichtige Mythen der Maori. Zwei Priester bemühten sich, bei der Einweihung des Hauses im Jahr 1900 den Fluch zu bannen, kamen aber auch bald zu Tode.

Von Anfang an hatte der Hotelbesitzer geplant, seine neue Touristenattraktion nach einigen Jahren an ein Museum zu verkaufen. Die neuseeländische Regierung hätte das reich verzierte Haus gerne im Lande behalten. Und bei hochkarätigen deutschen Museumsexperten stieß es wegen des „stilistisch derart verfehlten“ neumodischen Krams, der – außer den traditionellen Schnitzereien – das Haus zierte, auf Ablehnung. Warum und wie es trotzdem nach Hamburg kam, ist noch nicht restlos geklärt; sicher ist nur, dass der spätere Hamburger Museumsdirektor Georg Thilenius, der das Haus schon während der Fertigstellung in Neuseeland kennengelernt hatte, ein großer Verehrer von Rauru war.

Der Dachfirst von Rauru

In den 1980er Jahren, mit Beginn der Diskussionen über die Rückgabe von kulturell bedeutsamen Gegenständen, wollte das Museum Rauru in seine Heimat zurückgeben, aber eine Delegation der Te Arawa, die 1986 nach Hamburg kam, befand, dass sich Rauru in Hamburg wohlfühlt und dort bleiben soll.

Rauru breitet seine Arme – in Gestalt der Giebelbretter – zur Begrüßung aus. Zur Eröffnung kamen die Besucher sehr zahlreich, auch um sich an den mitreißenden Tanzvorführungen, Workshops (z.B. Haka, Poi Making, Weaving), Vorträgen oder Literaturlesungen der sehr engagierten Vertreter von Te Arawa zu erfreuen.

Vertreter der Te Arawa bei der Eröffnungszeremonie


Die gleichzeitig eröffnete Foto-Ausstellung „Te Ara – Der Weg der Maori“ zeigt bis zum 18. Juli 2013 in beeindruckenden Bildern, wie sich Maori in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sehen. Im reich bebilderten Ausstellungskatalog sind viele historische Dokumente, aber auch aktuelle, von Maori verfasste Texte zusammengetragen (€ 25,-).

Ingrid Schilsky

Informationen auch hier: www.voelkerkundemuseum.com/247-0-Maori-Haus.html