Missio eröffnet Weltmissionsmonat in Hamburg
07.10.2024: Pazifik-Netzwerk kooperiert beim katholischen Weltmissionsmonat zu Papua-Neuguinea und Ozeanien
Missio Aachen hat am Wochenende, 4. bis 6. Oktober den Weltmissionsmonat 2024, in dessen Mittelpunkt diesmal Papua-Neuguinea, Bougainville und die Solomon Islands stehen, in Hamburg mit Veranstaltungen, Begegnungen und Gesprächen eröffnet. Dazu sind als Gäste vier katholische Frauen und auch PNGs Kardinal John Ribat nach Deutschland gekommen. Das Pazifik-Netzwerk unterstützt diese Missio-Kampagne, die insbesondere die Folgen des Klimawandels und Selbsthilfe gegen Klimaschäden sowie das Engagement zum Schutz von Frauen und Mädchen gegen Übergriffe und Gewalt thematisiert.
Gewalt gibt es in Neuguinea und eigentlich in ganz Melanesien viel: tribale Gewalt, häusliche Gewalt, Gewalt gegen Frauen und Mädchen, Gewalt im Zusammenhang mit Hexerei-Zuschreibungen, Gewalt aufgrund von Binnenmigration sowie Streit um Grund und Boden, Gewalt durch ordinäre Kriminalität. In Westpapua gibt es zudem die Gewalt von Organen des indonesischen Staats gegen die indigenen Papua. Die Besucherinnen aus Melanesien arbeiten in diesen Bereichen, um die Gewalt in ihren Ländern zu vermindern und die Situation zu verbessern. Sie arbeiten vielfach direkt mit den Opfern.
Die Gäste waren an einem Erfahrungsaustausch mit Projekten in Hamburg interessiert und deshalb hat das Pazifik-Netzwerk ihnen einen Besuch in Hamburgs multikulti Stadtteil Steilshoop vermittelt. Die Initiative StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt hat dort eine von 8 Stadtteil-Gruppen in Hamburgs Problemvierteln. Solche Teams von Freiwilligen gibt es inzwischen in mindestens 12 deutschen Städten.
Die Gäste aus Melanesien und die Frauen aus Steilshoop haben sich dort aus ihrem Alltagsleben berichtet und diskutiert, wie sie versuchen, diese heftigen Gewaltprobleme zu bekämpfen. Das ist sicherlich ein Highlight des Besuchs gewesen, mal abgesehen davon, dass die Kürbissuppe und die Hähnchenstücke mit Reis gut schmeckten. Danke an die Beteiligten in Steilshoop.
Auch sonst ist das Besuchsprogramm dicht und abwechslungsreich gewesen. Es gab eine gut besuchte Pressekonferenz und eine öffentliche Veranstaltung zum Thema Klimakrise und Tiefseebergbau in Hamburgs Flussschifferkirche, unterstützt durch den Ozeanien-Dialog. Einen Ausflug bei Sonnenschein zu Hamburgs Wahrzeichen dem Michel (St. Michaelis Kirche), wo sich die Kontinuität der Verwicklung der Hansestadt, die sich als Deutschlands Tor zur Welt sieht, von kolonialen Tagen bis heute deutlich zeigt. Im Innern des Michel lässt sich die große Orgel, eine von mehreren Michel-Orgeln, bewundern, die ursprünglich 1762 eingebaut, dann mehrfach durch Brände zerstört, schließlich durch die Großzügigkeit der Godeffroy-Stiftung restauriert wurde. Die Godeffroys, die in Hamburg viele Spuren hinterlassen haben, haben dies auch in Ozeanien. Die Familie ist seinerzeit mit Schifffahrt in die ‚Südsee‘ und Plantagen in Samoa sowie Geschäftsbeziehungen zu Neuguinea, den Marshall-Inseln und anderen Gebieten des damaligen deutschen Kolonialreichs reich geworden. Sie können sich solche Großzügigkeit leisten.
Hamburgs Großzügigkeit setzt sich selbstredend bis heute fort. Vom Turm des Michel lassen sich die Schornsteine von Aurubis sehen, das ist Europas größte Kupferhütte. Als die Firma noch Norddeutsche Affinerie (im Volksmund Affi) hieß, ist sie der größte Luftverschmutzer in Hamburg gewesen, die Initiative ‚Rettet die Elbe‘ hat damals dagegen protestiert und schließlich sah sich das Unternehmen, das heute mit dem Spruch ‚Metals for Progress‘ wirbt, gezwungen, Luftreinigung in seine Schlote einzubauen. Wie die Godeffroys durch kolonial erworbenen Reichtum so hat sich die Affi durch neo-kolonial erworbenen Reichtum großzügig zeigen können; sie hat dem Michel ein neues Kupferdach spendiert (in Hamburg haben die alten öffentlichen Gebäude und viele alte Firmengebäude so ein Dach). Aurubis ist Stolz auf diese Großzügigkeit. Sie haben eine kleine Ausstellung im Abgang vom Turm des Michel, vergessen allerdings zu sagen, was Kupferabbau in den Lieferländern bedeutet. Panguna, Ok Tedi und Porgera in PNG sowie Freeport-McMoRan in Westpapua sind Umweltkatastrophen und soziale Brandherde; Panguna hat einen folgenschweren Bürgerkrieg ausgelöst, Freeport und Porgera lösen bis heute laufend Gewalt aus. Große Mengen Kupfererz von dort werden in Hamburg verarbeitet.
Ungewöhnlich genug, auch Samstag herrschte Sonnenschein in Hamburg. Fähre 62 ließ die Gäste etwas vom Hafen erkunden, die Elbe, die Blicke auf die Stadt-Silhouette, die Container-Terminals, Airbus, den Internationalen Seegerichtshof und all das. Danach ein Besuch im ehemaligen Völkerkundemuseum, dem heutigen MARKK, Museum am Rothenbaum, und dort die Ausstellung ‚Pippis Papa und eine wirklich wahre Geschichte aus dem Pazifik‘.
Am Abend schließlich eine Soiree, eine große Einladung in die Kulturkirche in Altona, mit Patricia Kelly, die sich seit Jahren für Missio engagiert. Die Fans standen Schlange und waren von weit angereist. Eine Mischung aus Songs, Lebensbeichte und einem Gespräch im Talk-Show Format. Kardinal Sir John Ribat hatte es verspätet geschafft dazu da zu sein und fühlte sich pudelwohl in dem schönen Ambiente. Helen Oa und Daisy Augustine aus PNGs Hauptstadt Port Moresby, Helen Hakena aus Bougainville, die mit anderen Frauen seinerzeit geholfen hatte den dortigen Bürgerkrieg zu beenden und Sista Veronika Cibaric von den Solomon Inseln, die dort ein Bildungszentrum für Frauen und Mädchen leitet, fühlten sich ebenfalls sichtlich wohl.
Am nächsten Tag, Sonntag 6. Okt. eröffnete Missio offiziell den Weltmissionsmonat mit einem festlichen Gottesdienst in Hamburg-Harburg, den DOMRADIO online übertrug. Inzwischen sind die Gäste aufgebrochen zu Veranstaltungen an anderen Orten in Norddeutschland.
In Süddeutschland wird es am 12. Okt. in Nürnberg eine große Veranstaltung mit weiteren Gästen aus Papua-Neuguinea geben, woran neben Missio München auch die Pazifik-Informationsstelle und andere beteiligt sind. Danach folgen auch dort dezentral weitere Veranstaltung. Schließlich wird es am 27. Okt. überall Abschluss-Gottesdienste geben.
Text: Eckart Garbe, Vorstandsvorsitzender Pazifik-Netzwerk e.V.; Fotos: © Hartmut Schwarzbach / missio (Steilshoop) und Eckart Garbe