Nachruf auf Tony de Brum

04.09.2017: Ehemaliger Außenminister der Marshall Inseln und internationaler Klimaaktvist im August gestorben.

Nachruf: Tony de Brum *26. Februar 1945 auf Likiep; † 22. August 2017 Majuro

Die Nachricht von Tony de Brums Tod erfüllt uns mit großer Trauer. Unser tief empfundenes Beileid gilt seiner Familie und den Marshallinseln. Mit seinem Tod verliert nicht nur Ozeanien, sondern die gesamte Welt einen wichtigen Streiter gegen die Verbreitung von Nuklearwaffen und einen Botschafter für den Kampf gegen den Klimawandel. Das 2015 verabschiedete Klimaabkommen von Paris hätte es ohne den engagierten Politiker womöglich nie gegeben.

Tony de Brum war mehrfach Außenminister des kleinen Pazifik-Staates. Erstmals hatte er dieses Amt bereits von 1979 bis 1987 inne - noch vor der Unabhängigkeit der damals (unter Selbstverwaltung) von den USA abhängigen Marshallinseln. Von 2008 bis Anfang 2009 war er erneut für etwa ein Jahr Außenminister, bevor er sein Amt wegen zu großer Kritik an den USA abgeben musste. Von 2012 – 2014 war de Brum „Minister in Assistance to the President“, ein Amt, das in etwa als eine Mischung aus Vize-Präsident und der Funktion des Kanzleramtsministers in Deutschland umschrieben werden könnte, bevor er zuletzt von 2014 – 2016 erneut Außenminister wurde. Tony de Brum hat sein Amt genutzt, um sich auf der politischen Ebene für das Überleben seines Landes einzusetzen: Sei es im Kampf gegen Nuklearwaffen oder im Kampf gegen den Klimawandel. Für ihn stellte beides extreme Gefahren für die Menschheit und die Umwelt dar, die zu Lasten zukünftiger Generationen gehen und die sein Land und die gesamte Menschheit bedrohen. Die Marshallinseln und Tony de Brum haben beides in ihrer Geschichte erlebt: Die gravierenden Folgen und die Vertreibung von Teilen der Bevölkerung nach den US-amerikanischen Atomwaffentests in den 1950er-Jahren und nun seit einigen Jahrzehnten die Folgen des Klimawandels. Beide Katastrophen gehen insbesondere auf das unverantwortliche Handeln mächtiger und wohlhabenderer Staaten zurück. So trieb de Brum während seiner letzten Amtszeit als Außenminister maßgeblich eine Klage der Marshallinseln gegen die USA und andere Atomwaffenstaaten vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag voran. Auch wenn der Klage von Beginn an wenig tatsächliche Erfolgsaussichten beigemessen wurden, sorgte der Schritt dafür, eine weltweite Debatte über die Rechtmäßigkeit der Existenz von Nuklearwaffen anzustoßen und die offiziellen Atomwaffenstaaten dazu zu zwingen, sich vor dem Gerichtshof zu verteidigen und die Umsetzung ihrer Verpflichtungen zur Abrüstung und Nichtweiterverbreitung darzulegen. Für seinen Kampf gegen die Verbreitung von Nuklearwaffen ist Tony de Brum stellvertretend für das gesamte Volk der Marshall-Inseln im Jahr 2015 mit dem als „alternativen Nobelpreis“ bekannten „Right Livelihood Award“ ausgezeichnet worden. Auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks sprach damals eine Laudation- Im selben Jahr war de Brum auch für den Friedensnobelpreis nominiert. Den vielleicht größten politischen Erfolg seines Lebens erlangte de Brum schließlich im Dezember 2015 mit der Verabschiedung des Klimaabkommens von Paris. Als Verhandlungsführer der „Allianz der kleinen Inselstaaten“ (AOSIS) gelang es auf seine Initiative hin, hinter den Kulissen ein Bündnis (High Ambition Coalition) aus Entwicklungs- und Industrieländern zu schmieden, die sich gemeinsam für das Abkommen einsetzten. Dies trug maßgeblich dazu bei, dass die Klimakonferenz erfolgreich mit dem Übereinkommen von Paris endete. Nur wenige Tage nach Ende der Klimakonferenz in Paris verlor de Brum im Januar 2016 sein Amt als Außenminister, als eine neue Regierung in den Marshall-Inseln an die Macht kam. Für uns war Tony de Brum ein „climate hero“, dessen Mut und Geschick uns inspiriert hat, der uns gezeigt hat, dass es sich lohnt, für eine bessere Welt zu kämpfen. Wir verlieren ihn zu früh.

Marion Struck-Garbe und Oliver Hasenkamp