Weder Touristenkitsch noch primitiv

12.08.2005: Moderne Kunst aus Papua-Neuguinea im Missionswerk Bayern

Alexandra Mebri "New Life"

Traditionelles und Modernes, die Gleichzeitigkeit verschiedener Lebensmodelle, Werte und Normen, kennzeichnen das heutige Papua-Neuguinea. Das stellt den Fünf-Millionen-Einwohner-Staat vor riesige Probleme. Mit der Auflösung der alten Familienverbände steigt die Kriminalität, besonders unter Jugendlichen in den Städten. Eine schwache Wirtschaft, hohe Arbeitslosigkeit und Korruption machen den Alltag zunehmend konfliktträchtig.

Reflektiert wird dieser gesellschaftliche Wandel auch in der zeitgenössischen Kunst: Die rund 60 in Neuendettelsau ausgestellten Arbeiten junger Künstler wie Laben Sakale John oder Alexander Mebri kreisen überwiegend um das Thema "Heilung und Versöhnung", das auch das Jahresthema des Missionswerkes ist. "Stretim Hevi", der Titel der Ausstellung, umschreibt in der Landessprache die einheimische Art der Konfliktlösung.

In Papua-Neuguinea haben es Künstler schwer. Um leben zu können, müssen sie ihre Kunst westlichen Touristen vermarkten. "Leider kann ich meine Bilder nicht in einer Galerie zeigen, sondern muss sie vor den Hotels in den Staub legen", sagt der 28-jährige Laben Sakale John traurig. Ihr Material müssen die Künstler über Freunde in den USA, England oder Australien beziehen. Seit die Kunstakademie in der Hauptstadt Port Moresby den Sparmaßnahmen der Regierung zum Opfer gefallen ist, gibt es weder Farben noch Leinwand zu kaufen.

Auch die internationale Kunstszene tut sich mit den modernen Werken schwer. "Kunst aus Papua-Neuguinea ist für die meisten Europäer noch immer das, was in Völkerkundemuseen ausgestellt wird", sagt Julia Ratzmann, Leiterin der Pazifik-Infostelle im Missionswerk Bayern. "Neuere Formen gelten in unserer Vorstellung als nicht echt und werden im schlimmsten Fall als ‚Touristenkitsch’ und im besten Fall als ‚primitive Kunst’ abgetan."

Moderne Künstler greifen zwar gern auf traditionelle Elemente zurück, allerdings nur, um damit die Umbrüche des Landes aufzuarbeiten. So finden sich in ihren Bildern Muscheln, Federschmuck, Schweinszähne und Nasenpflöcke ebenso wie christliche Symbolik, Streit- und Kampfszenen. "Unsere Aufgabe als Künstler ist es, die Tradition aufrechtzuerhalten und gleichzeitig unsere Kultur in unseren Bildern zu interpretieren", sagt Sakale John. Der Künstler, der in einer der vielen illegalen Siedlungen am Rand der Hauptstadt Port Moresby lebt, hat ein Projekt für arbeitslose Jugendliche gegründet: Um sie von der Straße zu bringen, gibt er ihnen Malkurse. Später können sie sich so ihr Geld mit ehrlicher Arbeit verdienen. Die Missionswerks-Ausstellung zeigt auch einige interessante dieser Schüler-Arbeiten.

Die Ausstellung "Stretim Hevi - Moderne Kunst aus Papua-Neuguinea" ist bis 25. Oktober jeweils werktags von 8 -12 Uhr und 14 -16.30 Uhr geöffnet. Die Exponate sind auch käuflich zu erwerben. Ein Teil des Erlöses fließt dem Malprojekt von Laben Sakale John zu.

Annekathrin Jentsch, Pressereferentin des Missionswerks Bayern, Tel.: 09874 / 90, Fax: 09874 / 9330