500 Jahre Reformation- auch im Pazifik
22.03.2017: Symposium am Pacific Theological College, Suva (Fidschi)
Pfarrer Dr. Traugott Farnbacher, Referent für Papua-Neuguinea, Pazifik und Ostasien der Evang. Luth. Kirche von Bayern, nahm Mitte März an einem zweitätigen Symposium zum Thema "500 Jahre Reformation" am Pacific Theological College in Suva teil. Er berichtet von dieser Veranstaltung wie folgt:
Als lutherische Kirchen und Christen wollen wir, dass “Reformation 500” Botschaften übermittelt und Auswirkungen auslöst – weit über Deutschland hinaus. So werden in der ganzen Welt, einschließlich der Partner-Beziehungen, Veranstaltungen zur Erinnerung und Vergegenwärtigung der Bedeutung der Reformation für Kirchen und Glauben unserer Zeit angeboten. Es geht um gegenseitiges Lernen, Einladung zum Zeugnis des versöhnenden Gottes und um die Dienste der Liebe im Namen Jesu und im Geist der Reformation über konfessionelle und ethnische Grenzen hinaus.
Am 17. und 18. März veranstaltete das geographisch fast am weitesten vom Land der Reformation entfernte Pacific Theological College PTC in Fidschi, als führendes akademisches, ökumenisches und internationales Ausbildungs-, Fortbildungs- und Forschungszentrum Ozeaniens, ein akademisches Reformations-Symposion. Dies war die erste inhaltliche Veranstaltung des pazifischen Kontinents im Gedenkjahr 2017.
Diese zwei Studientage wurden von ca. 100 Teilnehmenden aller führenden theol. Ausbildungseinrichtungen der Ökumene in Fidschi besucht; die Besonderheit kam in der Vielschichtigkeit und Ganzheitlichkeit der Darbietungen zum Ausdruck: Eröffnungs-Gottesdienst mit einem in pazifisch chromatisch-lebendiger Tonalität gesungenen “Ein feste Burg…” eingeleitet, mit Predigt über Glaubensgewissheit in Christus. Im Abschlussgottesdienst sprach Bischof Jack Urame aus der Evang. Luth. Kirche von Papua-Neuguinea ELC-PNG über die befreiende und bevollmächtigende Kraft des Evangeliums.
Jeder Studientag hatte ein Haupt-Referat mit Grundsatzthemen: Pfr. Dr. Traugott Farnbacher, Referent für Pazifik und Ostasien des Centrums Mission EineWelt, sprach als Vertreter unserer ELKB und zum Thema: “Hier stehe ich: Wahrheit und Einheit in Glauben und Kirchen; die Reformation und Auswirkungen für den Pazifik”. Der Rektor des PTC, Prof. Fele Nokise, reflektierte Überlegungen zur: “Freiheit eines Christen bei Luther – pazifische Religiosität und Christentum ”. Arbeitsgruppen und Workshops brachten Vertiefungen: Kirchengeschichtlich zur Frage nach dem Verhältnis von und Umgang mit Mächten und Gewalten durch die Reformatoren und in unserer Gegenwart. Systematisch stand die Leitfrage nach der Gottheit und Menschlichkeit Gottes laut dem Verständnis von Luthers Kreuzestheologie zur Debatte sowie Auslegungen Luthers zum 1. Artikel des Credo i.S. Schöpfung und Erlösung angesichts aktueller pazifischer Bedrohungen der Zukunft des Lebens. Biblisch ging es um die Suche nach einer hermeneutisch angemessenen Anwendung des Schriftprinzips in der pazifischen Ökumene. Praktische Theologie widmete sich der Frage einer dynamischen Lehre von der Kirche, ihren Diensten und Ämtern im Kontext der Kulturen.
Diskursiv-kritisch wurden u.a. folgende Themen verhandelt: Luther als Protagonist einer individuellen Gottesbeziehungen oder aber Gründer einer integrativen Glaubensgemeinschaft?; herkömmliche Gemeinschaftskultur mit ihrer kosmisch-inklusiven Religiosität oder Spaltung in innere Glaubensvollzüge: Was bewirkt Kirche für Sozialstrukturen und Herausforderungen pazifischer Lebensgemeinschaften bzw. Ethnien?; Bedeutung und Tragweite von Einsicht, Umkehr und Vergebung zwischen Lutheranern und Anabaptisten sowie im Gegenüber von luth. und kath. Kirche; Dringlichkeit von in Christus erneuerten Gottesbeziehungen und die Aufgabe der Kirchen für die Heilung von Beziehungen in Familien, Kirchen und Öffentlichkeit; Reformation und Transformationen, wie sie unsere kirchliche und gesellschaftliche Gegenwart dringend ersehnt; Gewissheit des Glaubens in Christus und Nöte unserer Gegenwart die alle Konfessionen in Pflicht nehmen; Einheit der Kirche in und trotz Verschiedenheit.
Mit ausgeprägter Ästhetik wurden beide Studientage durch abendliche Feste verschönert – Ausdruck pazifischer Lebens- und Gemeinschaftsfreude als Christen, die die Gabe geschaffenen und erneuerten Lebens bejahen. “Reformation 500” will und wird also nicht Martin Luther feiern, sondern soll vor allem ein Fest zur Wiederentdeckung und Ehrung von Christus sein. Das ganze akademische Symposion war als solches Fest angelegt: Gottesdienste, Studien, Begegnungen zwischen Verantwortlichen der Seminare der Insel, Feiern des Lebens unter dem Dreieinigen, Schöpfer, Erretter und Vollender des Lebens aller Kulturen.
Info: Am PTC studieren derzeit etwa 40 Frauen und Männer aus den sieben großen Kirchen Ozeaniens, die hier einen akademischen Grad erwerben und auf Führungspositionen vorbereitet werden. Zudem werden Grundlagenstudien und Pazifik-weit Studienseminare zu Theologie, Kirche, Ökumene, Ökologie und Bildung seitens der Missions- und Forschungsabteilung des PTC angeboten. Durch das “Extension Programm” des PTC werden aktuell etwa 150 Personen ferner isolierter Inselgruppen mit theol. Abschlüssen ausgebildet.
Dieses Reformations-Seminar, das im Wesentlichen durch den Dozenten aus unserer ELKB am PTC, Dr. Ralph Weinbrenner sowie den Samoanischen Dozenten Dr. Upolu Vaii vorbereitet war, diente vor allem dazu, wesentliche Impulse aus der Reformation für eine Region zu setzen, deren christlichen Mehrheiten zumeist protestantischen Kirchen angehören und sich der Reformationsbewegung verdanken. Nachdenken über Einsichten der Reformation verband sich mit dem Entschluss von Vertretern aus den anderen vier theol. Seminaren, ökumenische Gottesdienste und Studienangebote auf ihre Tagesordnung zu setzen. Letztendlich wurden dadurch auch die regionalen Beziehungen mit der ELC-PNG als der mit einer Mio. Mitgliedern größten prot. Kirche im Pazifik, die zugleich Mitgründer und Träger des PTC ist, neu bewusst und sichtbar gemacht. Mittels dieser Dreiecks-Beziehung ist Centrum Mission EineWelt der ELKB mit dem PTC partnerschaftlich verbunden und entsendet Dozierende sowie Austausch-Studierende an dieses PTC, ohne das die theologisch-akademische Zukunft Ozeaniens nicht vorstellbar wäre.