Pippis Papa und eine wirklich wahre Geschichte aus dem Pazifik
Freitag, 06.09.2024 bis Mittwoch, 31.12.2025Ausstellung, MARKK Hamburg
Die sehenswerte Ausstellung „Pippis Papa und eine wirklich wahre Geschichte aus dem Pazifik“ greift erstaunliche Parallelen zwischen den Inhalten der Pippi-Langstrumpf-Bücher und dem Lebensweg des schwedischen Kapitäns und Plantagenbesitzers Carl Pettersson auf.
Über das Schicksal des schwedischen Seefahrers Carl Pettersson, der für die deutsche Neuguinea-Compagnie tätig war und nach einem Schiffbruch auf den Tabar-Inseln im Bismarck-Archipel dort seine Frau Singdo kennenlernte, berichteten schwedische Medien zu Lebzeiten von Astrid Lindgren ausführlich. Die Geschichte von Petterssons Familie, seiner neun Kinder und seiner Kokospalmplantagen in Neuguinea zieht sich durch die Ausstellung. Eingangs werden anschaulich die Handelswege zwischen Hamburg und der Kolonie Deutsch-Neuguinea aufgezeigt.
Efraim, der Vater von Pippi Langstrumpf und „König von Taka-Tuka-Land“, hat seine Tochter mit einem Koffer voller Goldmünzen versorgt: Die koloniale Inbesitznahme und der Reichtum der Kokosplantagenbesitzer sind übersichtlich und leicht verständlich erklärt, ist die Ausstellung doch für Kinder und Jugendliche konzipiert. Die gut lesbaren Erläuterungen von Fachbegriffen, Erklärungen von Zusammenhängen und eine überschaubare Auswahl von Objekten kommen jedoch auch erwachsenen Besuchern zugute.
Ein eigenes Kapitel widmet sich den Mitteln, mit denen die Menschen dazu gezwungen wurden, unter deutscher Kolonialherrschaft auf den Kokosplantagen zu arbeiten, sowie ihren alltäglichen Lebensbedingungen; diesem folgt ein Ausblick auf die heutige Ausbeutung von Ressourcen in Papua-Neuguinea.
Alltagsobjekte aus dem Fundus des Museums, Exponate zur Herstellung von Muschelgeld (das die Idee für Münzen mit Löchern lieferte) und kunstvoll geschnitzte Malagan-Figuren werden ergänzt durch eine besondere Leihgabe aus Schweden: Zwei Malagan-Skulpturen aus einer weltweit einmaligen Objektgruppe, die für den Preis eines Schweines erworben und durch Carl Pettersson nach Schweden transferiert worden waren. Eine gut verständliche Erklärung zur Provenienzforschung fehlt an dieser Stelle nicht.
Erst Anfang der 2000er-Jahre machte ein schwedisches Forschungsprojekt auf die Parallelen zwischen Efraim und Carl Pettersson aufmerksam. Schließlich reisten Nachfahren der schwedischen Petterssons nach Papua-Neuguinea, um mit den dortigen Nachkommen von Carl Pettersson eine Zeremonie zu Ehren von dessen früh verstorbener Frau Singdo zu feiern, die in der Ausstellung gut dokumentiert ist. Eine Urenkelin von Singdo, Anthea Hoerler Fong, war auch bei der Ausstellungseröffnung in Hamburg zu Gast.
Nach dem frühen Tod von Singdo wurden die neun Kinder in einer katholischen Missionsschule untergebracht. Ein höchst interessantes Kapitel der Ausstellung informiert über die Zustände an Missionsschulen, die speziell für europäisch-pazifische Kinder eingerichtet worden waren.
Neben weiteren Zitaten aus den Pippi-Büchern und Vergleichen mit realem Leben im Bismarck-Archipel darf natürlich die Erfolgsgeschichte der Pippi-Langstrumpf-Bücher nicht fehlen, einschließlich der seit einigen Jahren aufgeflammten Kinderbuchdebatte über früher verwendete stereotypische und heute als verletzend empfundene Begrifflichkeiten. (Text: Ingrid Schilsky, Hamburg)
MARKK, Museum am Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt, Rothenbaumchaussee 64, 20148 Hamburg
markk-hamburg.de/veranstaltungen/pippis-papa-thementag-fuer-erwachsene-und-kinder/