Die neue australische Außenpolitik
30.11.2004: Kurzbericht über ein Fachseminar vom 26. bis 27.11.2004 in Hamburg
Vom 26. bis zum 27. November 2004 richtete das Pazifik-Netzwerk e.V. ein Fachseminar zur neuen australischen Außenpolitik im pazifischen Raum am Asien-Afrika-Institut der Universität Hamburg aus. Rund 50 Menschen aus Deutschland, Österreich, Australien, Papua-Neuguinea und Fiji diskutierten an zwei Tagen die Intervention der Australier auf den Salomon-Inseln, die sogenannte "Regional Assistance to the Solomon Islands" (RAMSI), sowie das Hilfsprogramm "Enhanced Cooperation Programme" zur guten Regierungsführung im seit 1975 unabhängigen Nachbarstaat Papua-Neuguinea.
Teilnehmer der Podiumsdiskussion
Als Hauptredner sprach zu Beginn des Seminars am Freitagabend Dr. Sinclair Dinnen von der Australian National University (Projektbereich: State and Governance in Melanesia) in Canberra über "Die neue australische Außenpolitik im Pazifik: Teil des globalen Krieges gegen den Terror?". Dinnen spezifizierte zunächst die in den Medien oft verwandte Bezeichnung "failed states". Gerade im Pazifik könne man davon nicht sprechen, da die pazifischen Länder noch nie über ein dem "Westen" vergleichbares Staatsmodell besessen hätten und sie deshalb in ihrem Versuch einer staatlichen Regierungsführung auch nicht "scheitern" könnten. Auch warnte Dinnen vor einem inflationären Gebrauch des Begriffes "Intervention". Eine Intervention (wie zur Zeit auf den Salomonen) habe es schon vor Jahrhunderten im Pazifik mit der Ankunft der ersten Missionare, Pflanzer und Händler gegeben. In seinen durchaus kritischen Thesen zur Politik der Australier wahrte der Referent dennoch eine gewisse Sympathie für den flächen- und einwohnermäßig stärksten Staat der Region Ozeanien. Nicht zwangsläufig liefen die Interessen der Australier den Interessen der Pazifikinsulaner entgegen, betonte Dinnen. Man könne sogar auf der grassroot-Ebene große Erleichterung und Freude über die Hilfe des "großen Bruders" spüren. Die wirtschaftlichen Interessen Australiens an den Ressourcen des Pazifiks (Bergbau, Öl und Gas) dürften aber nicht außer Acht gelassen werden.
Der Samstag begann mit einem Referat des Politikwissenschaftlers Daniel Lambach von der Universität Köln. Er sprach über "Failed States und Bedrohungsvorstellungen in Europa und Australien". Lambach ging vor allem auf den "globalen Diskurs um Sicherheit" ein, wie er sich auf internationaler Ebene nach den Anschlägen des 11. September entwickelte. Seien Staaten vor dem Staatszerfall vor dem 11.9.2001 noch als humanitäres Problem betrachtet worden, fürchte man sie nun als "Sicherheitsproblem", etwa als Rückzugsort islamischer Terroristen oder als Keimzelle des Terrorismus. Ein drohender Staatszerfall sei nun kein ureigenes Problem des betreffenden Staates mehr, sondern bedrohe jetzt auch die Anrainerstaaten. In der Diskussion von Lambachs Beitrag, kompetent moderiert von dem Genfer Journalisten Andreas Zumach, wurde die (unbeantwortete) Frage aufgeworfen, wer denn eigentlich bestimme, wann ein Staat in die Kategorie "failed" eingeordnet werden könne.
Im folgenden Vortrag schilderte Benjamin Craig, erster Sekretär in der Australischen Botschaft in Berlin, die gegenwärtige politische Haltung Australiens gegenüber den (Krisen-)Situationen in den Ländern PNG, Salomonen und Nauru. Heinz Schürmann-Zeggel vom Pazifik-Netzwerk trug Details zu RAMSI bei und erläuterte die Hintergründe des Konfliktes, die zur (von den Salomonen ausdrücklich erwünschten) australischen Intervention geführt hatten. Zu den Beiträgen der Referenten bezogen zwei "Pazifikinsulaner" Stellung. Medothistenpfarrer Akuila Yabaki vom Citizens' Constitutional Forum aus Suva (Fiji) sowie Hariewe Gello, der Leiter des Lutherischen Entwicklungsdienstes LDS in Papua-Neuguinea.
Das Seminar endete mit einem Podiumsgespräch - in dem das Publikum auch das Sagen hatte - zwischen Benjamin Craig, Heinz Schürmann-Zeggel, Akuila Yabaki und Politikexperte Roland Seib vom Pazifik-Netzwerk.
Die Organisatoren der erfolgreichen Tagung, Marion Struck-Garbe und Volker Böge vom Pazifik-Netzwerk, fassten die Ergebnisse am Ende der Konferenz mit einem Augenzwinkern zusammen: "Ich weiß nicht unbedingt mehr über die australische Außenpolitik, aber das nun auf einem hohen Niveau". Tatsächlich hatte die Tagung ein hohes Niveau, was sich nicht nur an den Vorträgen der Referenten, sondern vor allem an kompetenten Fragen der Zuhörer festmachen liess.
Indonesisches Buffet
Die fest eingeplanten Pausen zur Stärkung mit Getränken und kleinen Snacks bzw. einem leckeren indonesischen Buffet am Samstag kamen da gerade recht. Sie boten Raum für informelle Gespräche und das ein oder andere Wiedersehen mit den Freunden aus dem Pazifik. Ein schöner Erfolg für das Netzwerk, der wert wäre, im nächsten Jahr mit einem Folgeseminar wiederholt zu werden.
In Kürze erscheint ein ausführliches Dossier mit allen Konferenzbeiträgen in englischer Sprache.