Kurzinformationen zu Westpapua

Pfr. Dr. Siegfried Zöllner, Schwelm

Der Name Papua

West Papua, der westliche Teil der Insel Neuguinea gehört politisch als östlichste Provinz zu Indonesien. Der frühere Name Irian Jaya wurde im Jahr 2000 vom Provinzparlament in Papua umbenannt, weil die einheimische Bevölkerung die Bezeichnung Irian Jaya als Symbol für die über 30-jährige Diktatur neokolonialen Stils des indonesischen Präsidenten Suharto verstand. Die Einheimischen fordern deswegen die Umbenennung in Papua oder West Papua als Ausdruck ihrer eigenen – von Indonesien zu unterscheidenden - Identität.

Geschichtlicher Rückblick

West Papua war zwar Teil der holländischen Kolonie Niederländisch Indien, blieb aber zunächst bei den Niederlanden, als Indonesien 1945 unabhängig wurde. Das unabhängige Indonesien gab jedoch den Anspruch auf Niederländisch Neuguinea nicht auf und versuchte 1961/62 mit militärischen Aktionen und Infiltrationen die Holländer zu vertreiben. Zuvor hatten die Niederlande ihrer überseeischen Provinz die Unabhängigkeit versprochen und ein Übergangsparlament eingesetzt, da die große Mehrheit der Papua einen eigenen Staat wollte, und keinen Anschluss an Indonesien. Doch der politische Druck der Vereinigten Staaten von Amerika und der Vereinten Nationen führte dazu, dass entsprechend dem New Yorker Agreement von August 1962 Niederländisch Neuguinea am 1. Mai 1963 unter indonesische Verwaltung kam. Das New Yorker Agreement verpflichtete Indonesien jedoch, unter Aufsicht der Vereinten Nationen nach spätestens sieben Jahren ein Referendum durchzuführen, in dem sich die Bevölkerung West Papuas frei für den Verbleib bei Indonesien oder für einen unabhängigen Staat entscheiden konnte. Das Referendum, auch Act of Free Choice genannt, wurde jedoch für die Papua zu einem „Act of No Choice“. Entgegen internationalen Gepflogenheiten setzte die damalige indonesische Regierung bei den Vereinten Nationen durch, dass 1025 Wahlmänner die Entscheidung treffen sollten. Diese Wahlmänner wurden von der Regierung ausgewählt, vor dem Wahlakt von der Bevölkerung isoliert, von Militärs bewacht und eingeschüchtert, mit dem Tode bedroht und mit Geld u.a. bestochen, so dass sie nur die Wahl hatten sich für den Anschluss an Indonesien zu entscheiden. Am 19. November 1969 akzeptierte die Vollversammlung der Vereinten Nationen trotz des Protestes des UNO-Beauftragten in West Papua das Ergebnis des Referendums. Seitdem ist West Papua eine Provinz Indonesiens.

Menschenrechtsverletzungen und Ausbeutung der Bodenschätze

Schon vom 1. Mai 1963 an erstickte die indonesische Armee mit Gewalt jeden Protest und jeden Widerspruch und Widerstand der Bevölkerung West Papuas. Es kam zu schlimmen Menschenrechtsverletzungen, Folter, Verschwinden von vielen Menschen und zu brutalen Hinrichtungen. Immer wieder kam es im Laufe der Jahre zu Aufständen gegen das indonesische Regime, denn die Papua haben nie akzeptiert, dass sie zu Indonesien gehören. Die Armee antwortete mit militärischer Gewalt, es wurden auch Dörfer aus der Luft bombardiert. Menschenrechts-organisationen schätzen, dass in den letzten 38 Jahren bis zu 100.000 Menschen als Folge staatlicher Gewalt ums Leben gekommen sind. Tausende flohen ins Ausland und leben heute in Papua-Neuguinea, in pazifischen Ländern, in Australien und in den Niederlanden.

Indonesien nutzte West Papua als „Goldesel“: Bergbauunternehmen schürften Kupfer und Gold, vor allem das US-amerikanische Unternehmen Freeport machte große Gewinne und wurde zu einem der größten Steuerzahler Indonesiens. Holzunternehmen plünderten die Regenwälder und Hundert-tausende von javanischen Umsiedlern, sog. Transmigranten, wurde in West Papua angesiedelt, dominierten den Kleinhandel, besetzten die mittleren und oberen Regierungsämter und drängten so die einheimischen Papua an den unteren Rand der Gesellschaft.

Nach dem Rücktritt Suhartos im Mai 1998 und einem zögerlichen Demokratisierungsprozess in Indonesien änderte sich für West Papua wenig. Lediglich die Pressefreiheit und anfängliche Freiheit der Meinungsäußerung führten dazu, dass die Papua nun offen ihren Wunsch nach Unabhängigkeit von Indonesien zum Ausdruck brachten. Das Symbol dieser Meinungsäußerung war das Hissen der Morgensternflagge. Die Morgensternflagge war vom Übergangsparlament 1961 zur neuen Nationalflagge erklärt worden, wurde aber unter der indonesischen Besetzung streng verboten. Der im Oktober 1999 neu gewählte Präsident Abdurrahman Wahid duldete zunächst die Flaggenhissungen als Ausdruck kultureller Identität der Papua, doch seit Mitte des Jahres 2000 geht die Armee wieder mit Gewalt gegen diese Art der freien Meinungsäußerung vor. Seit dem Rücktritt Suhartos bis heute wurden etwa 80 Personen von Sicherheitskräften getötet und über 500 Personen willkürlich verhaftet und viele von ihnen gefoltert. Größtenteils entzündeten sich die Auseinandersetzungen bei der Hissung der Flagge.

Das West-Papua-Netzwerk: Solidaritätsgruppen in Deutschland

In Deutschland gibt es seit den 60er Jahren Beziehungen zwischen der Evangelischen Kirche in West Papua und den Missionswerken in Basel und Wuppertal (Vereinte Evangelische Mission) und seit Mitte der 80er Jahre verschiedene Gemeinde-, Kirchenkreis- und Dekanatspartnerschaften in Westfalen, Rheinland und der Pfalz. In diesen Partnerschaften rückten die Menschenrechtsfragen immer mehr in den Vordergrund. Seit Anfang der 90er Jahre befasste sich vor allem die Regenwaldgruppe Bochum mit den ökologischen Problemen West Papuas. Die Regenwaldgruppe Bochum ergriff die Initiative zur Gründung des West Papua Netzwerks. 1996 wurde das Netzwerk offiziell gegründet und bildet ein Forum von kirchlichen und nichtkirchlichen Gruppen, Organisationen und Einzelpersonen, die sich mit West Papua beschäftigen. Das Netzwerk gibt durch sein Koordinationsbüro (z.Zt. Wuppertal) eine Zeitschrift und einen elektronischen Informationsbrief (per E-Mail) heraus, unterhält Verbindung zu Regierungsstellen und Parlamentariern, koordiniert bei akuten Menschenrechtsproblemen Briefaktionen und unterhält Verbindung zu Nichtregierungs-organisationen und Kirchen in West Papua, aber auch zu Solidaritätsgruppen in Europa und den USA. Das West Papua Netzwerk lädt seine deutschen Mitglieder einmal im Jahr zu einer Jahrestagung ein, die in der Form eines Seminars zu aktuellen Problemen West Papuas stattfindet. Dabei stehen Menschenrechtsfragen und ökologische Fragen im Vordergrund.