Anhaltender bewaffneter Konflikt und Menschenrechtsverletzungen gegen indigene Papuas – Westpapua im Jahr 2021

Eine Analyse von Barbara Hillebrand, Westpapua-Netzwerk

Anhaltender bewaffneter Konflikt und Menschenrechtsverletzungen gegen indigene Papuas – Westpapua im Jahr 2021

Westpapua umfasst die westliche Hälfte der Insel Neuguinea, die in ihrem östlichen Teil den Nachbarstaat Papua-Neuguinea bildet. Die Provinzen Papua Barat und Papua bilden Westpapua. Obwohl Westpapua sich im Zuge der Entkolonialisierung ab Mitte des 20. Jahrhunderts um Unabhängigkeit bemühte, gehört es seit dem 1. Mai 1963 zum indonesischen Staatsgebiet. Trotz der Vielfältigkeit der Bevölkerung Westpapuas mit über 250 indigenen Be-völkerungsgruppen mit eigenen Sprachen und Traditionen eint die Papuas ihre Erfahrungen mit Menschenrechtsverletzungen, Marginalisierung und Rassismus.

Papuas streben nach politischen Veränderungen Die 1945 in Kraft getretene Verfassung von Indonesien orientiert sich an dem Staatsmotto „Einheit in Vielfalt“ und verankert den Schutz der Menschenrechte in der nationalen Verfassung. Auch in dem Gesetzt 21/2001 über die Sonderautonomie Westpapuas finden die Menschenrechte bereits an zweiter Stelle Erwähnung und den Papuas werden „Menschenrechte, religiöse Werte, Demokratie, Recht, kulturelle Werte (…) und das Recht (…), die Ergebnisse der Entwicklung gerecht zu genießen“ zugesprochen.
Die Umsetzung dieser rechtlich national geförder-ten Menschenrechte zu national geschützten Menschenrechten in Westpapua scheitert zum Teil jedoch seit vielen Jahren. Anstatt die Hoffnungen der Papuas zu erfüllen, wuchs in den Jahren seit der Sonderautonomie, Rassismus und Ungleichheit in Westpapua, so der regionale Kirchenrat in Papua in einer öffentlichen Erklärung vom Juli 2020.

Die Papuas fordern von Jakarta seit Jahren politische Unabhängigkeit und eine Stärkung ihrer politischen und bürgerlichen Rechte. Die Bestrebungen der Papuas richten sich darauf, dass der reine Entwicklungs- und Infrastrukturansatz Jakartas in Westpapua durch politische Lösungen ergänzt wird. Dazu muss die politische Ge-schichte mit der aus Sicht der Papuas fort-dauernden Kolonialisierung ebenso anerkannt werden wie der Rassismus gegen Papuas enden und der bewaffnete Konflikt ein Ende in einem friedlichen Konfliktlösungsprozess und einem Dialog zwischen den Konfliktparteien finden.

Rassismus gegen indigene Papuas

In Westpapua existiert seit vielen Jahrzehnten eine Form von Rassismus, die sich gegen indigene Papuas richtet. Im Alltag erfahren Papuas eine Behandlung als Bürger*innen zweiter Klasse. Sie werden von West-Indonesiern als „Schwein“, „Tier“, „Affe“ und „Hund“ bezeichnet und sind täglicher Gewalt und Ungleichbehandlung ausgesetzt. Auch in Städten außerhalb von Westpapua erfahren die Papuas immer wieder Diskriminierung und Stereotype.

Im August 2019 führte ein Polizeieinsatz unter unverhältnismäßig eingesetzter Gewalt gegen 43 papuanische Studierende in der ostjavanischen Stadt Surabaya zu landesweiten Anti-Rassismus-Protesten. Ausbrüche von rassistisch motivierter Gewalt zwischen indigenen Papuas und durch das Transmigrationsprogramm der indonesischen Regierung angesiedelter Binnenmigrant*innen sowie gewalttätiges Einschreiten von Sicherheitskräften bei Demonstrationen forderten in weniger als einem Monat insgesamt 59 Todesopfer. Die Gerichtsprozesse nach den Unruhen vermochten es nicht, Gerechtigkeit für die Opfer und deren Familien herzustellen. Unverhältnismäßig niedrige Strafen für die Täter, die strafrechtliche Verfolgung von Demonstrant*innen sowie die Kriminalisierung von politischen Aktivist*innen und Menschenrechtsverteidiger*innen verstärkten bei vielen Papuas bereits bestehende Gefühle von Wut und Ärger. Der fehlende politische Konfliktlösungsprozess hat das Protestbedürfnis der Papuas weiter erhöht.

Die Anti-Rassismus-Demonstrationen im August und September 2019 und die PapuanLivesMatter-Bewegung im Sommer 2020 haben die Menschenrechtsverletzungen in Westpapua auch über die Grenzen Westpapuas sichtbar gemacht und mit einer weltweiten Anti-Rassismus-Bewegung verknüpft, die sich gegen Polizei- und Militärgewalt richtet. #PapuanLivesMatter setzt wie #BlackLivesMatter einen Fokus auf den allgemeinen Schutz der Menschenrechte und fordert ein Ende der rassistisch motivierten Polizei- und Militärgewalt in Westpapua. Die Papuas nehmen dies zum Anlass und prangern die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen der vergangenen Jahre an.

Die durch die Corona-Pandemie zunehmende Relevanz digitaler Medien bietet auch Chancen, die Aufmerksamkeit für die Situation der Menschenrechte in Papua zu erhöhen. Durch die verstärkte Nutzung sozialer Medien sowie der Entstehung neuer Webseiten und Durchführung von Webinaren können mehr an der Menschen-rechtssituation in Papua Interessierte erreicht werden. Gleichsam entfällt die unmittelbare physische Kontrolle durch die Sicherheitskräfte - obwohl es auch hier bereits erste Störversuche durch Unbekannte gab, digitale Veranstaltungen zu unterbrechen. Da ausländischen Journalisten*innen die Einreise nach Westpapua weiter erschwert bleibt, erweisen sich digitale Formate, die von Papuas selbst mit Informationen bespielt werden, von besonderer Relevanz, um über die Menschen-rechtssituation und über die Marginalisierung von Papuas national und international zu informieren.

Demonstrationen gegen die Sonderautonomie

Die Anti-Rassismus-Bewegung in Westpapua wurde im Sommer und Herbst 2020 in Westpapua mit Demonstrationen verbunden, die sich gegen die Verlängerung der Sonderautonomie Westpapuas richteten. Die "Volkssolidarität für Westpapua", die aus mindestens 102 Organisationen besteht, gab im November 2020 bekannt, dass 520.261 Menschen ihre Petition gegen OTSUS Vol. II unterschrieben haben. Hochrangige Regierungsbeamte sprachen sich hingegen dafür aus, die Sonderautonomie Westpapuas (OTSUS) durch eine Verlängerung der Autonomiefonds fortzu-führen, die andernfalls im Jahr 2021 enden würden. Neben der Frage nach der Verlängerung der Autonomiefonds geht es auch um die Pläne der Zentralregierung in Jakarta, Westpapua in bis zu sechs statt derzeit zwei Provinzen (Papua und Papua Barat) aufzuteilen. Zu Beginn des Jahres 2021 demonstrierten tausende Papuas friedlich gegen diese Pläne. Die Mehrheit der Interessenvertreter, ein-schließlich des Gouverneurs und der Versammlung des Papua-Volkes (MRP), sind dagegen. Sie argumentieren, dass diese Aufteilung das in Art. 76 im Sonderautonomiegesetz beschriebene Verfahren zur Bildung neuer Autonomieregionen ignoriere. Des Weiteren könnte die Zentralregie-rung die Stationierung von Militär weiter erhöhen, da eine Provinz „Anspruch“ auf Stationierung einer bestimmten Militärpräsenz hat. Auch wäre ein Schub an Korruption zu erwarten, denn einflussreiche Posten erhalten nur diejenigen, die viel Geld zahlen können. Gegenstimmen, die sich für eine Verlängerung der Autonomiefonds und für eine Aufteilung Westpapuas in fünf Provinzen aussprechen, sind insbesondere in dieser kleinen papuanischen Elite zu finden, die danach streben, hochrangige Beamtenpositionen zu übernehmen oder anderweitige finanzielle und prestigeträchtige Vorteile darin sehen. Die Diskussion über die Verlängerung der Autonomiefonds über 2021 hinaus, motivierte die Papuas dazu, gegen die Sonderautonomie im Ganzen zu demonstrieren. Die versprochene wirtschaftliche Entwicklung Westpapuas, die die Sonderautonomie bringen sollte, komme nur einem kleinen Teil der papuanischen Elite zugute und fördere insbesondere wirtschaftliche Strukturmaßnahmen, die sich wiederum negativ auf die Umwelt und damit verbundene Landrechte der Papuas auswirken. Die Rodung des Regenwaldes zugunsten von Ölpalmenplantagen oder der Bau von Straßen, die den Transport von Holz und Palmöl erleichtern sollen, sind ein Beispiel für die Umweltzerstörung und den Landraub in Westpapua. Die Verarbeitung des in Papua gerodeten Holzes oder des in Papua angebauten Palmöls findet dann meist außerhalb Papuas statt, so dass die Papuas zugleich einen Verlust ihrer Geschichte und Identität durch die Zerstörung des Regenwaldes erfahren und gleichzeitig vom wirtschaftlichen Nutzen dessen ebenfalls nicht profitieren. Ausländische Investoren verdienen somit vom Reichtum Westpapuas, schaffen das dadurch erwor-bene Geld jedoch wieder über die Provinzgrenzen ins Ausland oder in andere Teile Indonesiens. Im Sommer 2020 starteten Papuanische Studenten friedliche Proteste gegen die Verlängerung der Sonderautonomie in Manado, Makassar, Timika, Nabire und Jayapura und forderten ein Referendum. An-statt einen friedlichen Dialog zu suchen, lösten Angehörige der Sicherheitskräfte friedliche Versammlungen oft unter Anwendung von Tränengas, Wasserwerfern und Schusswaffen gewaltsam auf und schränkten damit den demokratischen Raum weiter ein. Ebenso kam es zu einer Vielzahl an willkürlichen Verhaftungen, oft ohne die Gesundheitsprotokolle zur Vermeidung der Ausbreitung von Covid-19 zu beachten. Das Recht auf Versammlungsfreiheit, das Recht auf Meinungsfreiheit und das Recht auf Gesundheit werden für die Papuas nicht erfüllt. Dies zeigte sich auch zu Beginn der Corona-Pandemie als das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte dazu aufrief, politische Gefangene aufgrund der starken Verbreitung von Covid-19 in Haftanstalten frühzeitig zu entlassen. Indonesien folgte diesem Aufruf nicht und entließ keine aus politischen Gründen inhaftierten Papuas frühzeitig aus der Haft.

Stationierung von mehr Militär in Westpapua

Die Zentralregierung behandelt Westpapua als Sicherheits- und Separatismus-Problem und rechtfertigt so den anhaltenden Ausbau der Militärpräsenz in Westpapua. Im September 2020 entsendete die indonesische Regierung 500 Soldaten in das zentrale Hochland Westpapuas und baute im Jahr 2020 weitere Militärstationen in Westpapua. Der Bau neuer Militärstationen in Westpapua bedeutet für indigene Landbesitzer den Verlust von Eigentum, verbunden mit der Sorge vor den Auswirkungen neuer Militärpräsenz. Aus Angst vor der Präsenz des Militärs und auch durch gewaltsame Razzien durch das Militär und der Zerstörung ihrer Häuser, befinden sich derzeit über 60.000 Papuas auf der Flucht. Internationalen Hilfsorganisationen ist es ohne Zusprache Jakartas nicht möglich, humanitäre Hilfe für diese Binnenflüchtlinge zu leisten. In Intan Jaya besetzt das indonesische Militär seit 2019 die YPPGI Hidatipa Grundschule und nutzte sie als Hauptquartier für ihr vorübergehendes militärisches Kommando. Seitdem ist es den Schülern nicht möglich, zur Schule zu gehen. Die fortführende Stationierung von Militär führte insbesondere im Hochland von Papua zu mehreren Todesfällen im Herbst 2020. Am 19. September 2020 wurde der papuanische Pastor Yeremia Zanambani tot auf seinem eigenen Grundstück in Intan Jaya aufgefunden. Er wurde angegriffen, während er seine Tiere fütterte. Mehrere unabhängige Untersuchungsberichte haben das Ergebnis vorgelegt, dass Angehörige der Sicherheitskräfte für den Tod verantwortlich seien. Am 26. Oktober wurde der katholische Katechet Rapinus Tigau von Angehörigen des Militärs erschossen. Herr Tigau war ein indigener Papua und für die Diözese Timika tätig. In Puncak wurden im November mehrere tödliche Angriffe auf minderjährige Schüler durch Militärangehörige gemeldet. Polizei und Militär nutzen weiter die Begründung, dass die Opfer Angehörige der bewaffneten Unabhängig-keitsbewegung TPN-PB seien, um damit den Einsatz ihrer Schusswaffen zu begründen. Angehörige der Opfer dementieren dies stets und fordern gerichtliche Aufklärung – meist ohne Aussicht auf Umsetzung. Die Straflosigkeit der Verbrechen gegen Papuas geht damit weiter.

Im Jahr 2020 wurden über 20 Fälle unrechtmäßiger Tötungen gezählt sowie über 70 Fälle von Folter und von mehr als 380 politischen Verhaftungen berichtet. Die Mehrzahl der außergerichtlichen Tötungen in Westpapua steht im Zusammenhang mit Razzien der Sicherheitskräfte im zentralen Hochland. Der bewaffnete Konflikt bringt ein neues Muster von Rechtsverletzungen mit sich - das Verschwindenlassen von Personen - das ausschließlich im Zusammenhang mit militärischen Razzien auftritt.

Der Volksrat der Provinz Papua und der Kirchenrat Westpapuas forderten die indonesische Zentralregierung dazu auf, einen friedlichen Konfliktlösungsprozess anzustreben und in einen Dialog mit der Unabhängigkeitsbewegung einzutreten. Auf internationaler Ebene sind es besonders die Staaten des Pacific Islands Forum, die diese Forderung ebenfalls auch auf der Bühne der UN bereits mehrfach an Indonesien richteten. Hier geht es insbesondere auch darum, den bereits zugesagten Besuch des OHCHR in Westpapua per Termin verbindlich zu vereinbaren. Die Corona-Pandemie erschwert die Umsetzung dieser Hoffnung jedoch und es ist zu erwarten, dass dadurch ein internationaler Zugang zu Westpapua nur noch weiter erschwert wird.

TPNPB-OPM als "Terroristen" eingestuft – Gewaltspirale dreht sich weiter

Am 29. April 2021 hat die indonesische Regierung die bewaffneten Kämpfer für die Unabhängigkeit und Freiheit Westpapuas (TPNPB-OPM - die Nationale Befreiungsarmee für Westpapua und die Organisation für die Freiheit Westpapuas) in die Kategorie der terroristischen Organisationen aufgenommen hat. Die Einordnung der TPNPB-OPM als „Terroristen“ ist eine Reaktion auf den Tod des papuanischen Geheimdienstchefs Gusti Putu Danny Karya Nugraha, für den die TPNPB die Ver-antwortung übernahm. Der Aufruf der indonesischen Regierung an das Militär, die Polizei und den Geheimdienst, entsprechende Maßnahmen zu unternehmen, um diese Gruppen in Westpapua zu verfolgen, löst die direkte Gefahr vor weiterer Gewalt und Menschenrechtsverletzungen gegen die Zivilbevölkerung in Westpapua aus. Nationale und internationale NGOs teilen die Sorge, dass die Bezeichnung der TPNPB-OPM als „Terroristen“ die Verlagerung von weiterem Sicherheitspersonal nach Westpapua zur Folge haben wird und als Rechtfertigung für Menschenrechtsverletzungen gegenüber Zivilisten und Straflosigkeit der Sicherheitskräfte dienen kann. Der universelle Schutz der Menschenrechte für die indigenen Papuas droht durch einen strengen sicherheitspolitischen Ansatz der Zentralregierung weiter in den Hintergrund zu rücken (Der Sprecher der Länderkammer (Provinzkammer) des Parlaments wurde mit den Worten zitiert: "Destroy them first. We will discuss human rights matters later").

Die Einordnung der TPNPB-OPM al „Terroristen“ ist ein weiterer Schritt in dieser Spirale der Eskalation. Durch zusätzliche Sicherheitskräfte droht eine Eskalation der Gewalt in Westpapua mit Folgen besonders für die Zivilbevölkerng. Lukas Enembe, der Gouverneur von Papua , for-derte die indonesische Zentralregierung daher dazu auf, die Einstufung als „Terroristen“ zu überprüfen und dabei sowohl die psychosozialen und wirtschaftlichen Auswirkungen dieses „Stigma“ für die Papuas als auch den rechtlichen Rahmen dieser Einordnung zu prüfen.

Die Entwicklungen der letzten Wochen und Monate zeigen bereits eine fortschreitende Eskalation des bewaffneten Konflikts und der damit einhergehenden Menschenrechtsverletzungen im Landkreis Puncak, Provinz Papua. Sicherheitskräfte haben am 27. April 2021 eine massive Militäroperation im Landkreis Puncak, gestartet. Die Operation folgte auf die Tötung des Geheimdienstchefs Papuas und der anschließenden Rede von Präsident Joko Widodo, in der er der Polizei und dem Militär den Befehl gab, alle Mitglieder bewaffneter krimineller Gruppen in Westpapua zu finden und zu verhaften. Die Dorfbewohner aus vier Bezirken in Puncak flohen aus ihren Häusern. Nach Angaben lokaler Informanten setzte das Militär bei Luftangriffen in Puncak Hubschrauber ein. Des Weiteren berichtet die TPNPB-OPM von Brand- und Bombenanschlägen auf das TPNPB-OPM Hauptquartier sowie von der mutmaßlichen Zerstörung von Häusern und Kirchen durch das indonesische Militär. Nationale Medienquellen berichteten, dass mehr als 400 Soldaten des Militärkommandos KODAM XIII Merdeka von Nordsulawesi für neun Monate in den Landkreis Nduga entsandt werden. Vierhundert Soldaten des Militärbataillons 521 in Ost-Java werden Mitte Mai 2021 in Paniai, Dogoyai, Deiyai, Intan Jaya und Puncak Jaya eingesetzt. Bereits am 14. April 2021 sind 450 Kämpfer des Infanterieba-taillons Raider 316 Raja Alam nach Westpapua aufgebrochen. Sie sollen die Grenze zu Papua-Neuguinea sichern. Besonders die Zivilbevölkerung im Hochland leidet unter dem bewaffneten Konflikt in Westpapua. So soll allein im Landkreis Puncak die Zahl der Binnenvertriebenen schätzungsweise derzeit 31.000 betragen. Die meisten der Binnenvertriebenen können ihre Gärten nicht erreichen - sie sind von Hunger und Unterernährung bedroht. Sie fürchten sich, in ihre Dörfer zurückzukehren und vermeiden es, durch die Wälder zu gehen, in denen die Nationale Befreiungsarmee Westpapuas (TPNPB) und die indonesischen Sicherheitskräfte einen bewaffneten Konflikt führen. Die meisten IDPs fordern, dass die indonesischen Sicherheitskräfte aus dem Landkreis Puncak abgezogen werden, um in ihre Dörfer zurückkehren zu können.

Vor dem Hintergrund der anhaltenden Gewaltspirale durch die Verlagerung weiterer Sicherheitskräfte nach Westpapua und vor aktuellen und noch drohenden zukünftigen Menschenrechtsverletzungen im Rahmen des bewaffneten Konflikts in Westpapua ist es daher erforderlich, dass:

• Indonesien einen verbindlichen Termin für einen Besuch des OHCHR in Westpapua vereinbart, • rassistische Gewalt durch Sicherheits-kräfte strafrechtlich verfolgt wird, • der freie Zugang der Bevölkerung zum Internet sichergestellt wird (siehe Urteil vom 3.6.2020 des Verwaltungsgerichtshofes in Jakarta), • internationalen Journalist*innen und humanitären Hilfsorganisationen der Zugang zu Westpapua ermöglicht wird, • Menschenrechtsverteidiger*innen in Westpapua geschützt werden, • die indonesische Regierung den Sicherheitsansatz in Westpapua durch einen friedlichen Konfliktlösungsprozess und Dialog ersetzt.


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