"Tins and Containers"

18.06.2012: Ein Lied gegen die Armut in Papua-Neuguinea

Zur Entstehungsgeschichte des Liedes

Etwas Kreatives zum Thema „Armut begegnen“ hieß die Aufgabe, die die Freiwilligen der „Nordkirche Weltweit“ vergangenen Winter in ihren Einsatzländern erreichte. Dieses ist für mich seit Sommer 2011 das südpazifische Papua-Neuguinea.

Es gibt sicherlich viele Möglichkeiten, der Begegnung mit Armut in Papua-Neuguinea ein Denkmal zu setzen. Aber für mich kam eigentlich nur Musik in Frage, so groß ist die Präsenz dieser im alltäglichen Leben. Wann immer man unter Jugendlichen zusammen sitzt, läuft Musik aus einer Boombox (batteriebetriebenes Lautsprechersystem), dem Handy oder dem Radio. Jeder Gottesdienst, den ich besucht habe, hatte eine starke musikalische Komponente und nahezu jeder, den ich kennengelernt habe, wollte mir das Gitarre spielen beibringen.

Und hier klingt auch ein Problem an, vor dem ich stand, als ich mich entschied ein Lied zu schreiben. Ich bin zwar selbst begeisterter Hörer, kam aber über den schulischen Musikuntersicht und einige Klavierstunden nicht hinaus. Meine Singstimme ist zudem so angenehm wie das Geräusch kratzender Nägel auf einer Schiefertafel.

Als ich meinem Freund und Arbeitskollegen Stanley „Spenzii“ Mark (25) meine Sorgen schilderte, bot dieser mir sofort seine Hilfe an. Musik ist seine große Leidenschaft, seit seiner Jugend singt er und spielt viele Instrumente. Er wuchs in einem Settlement in Mount Hagen und den Heimatdörfern seiner Eltern nahe Wabag auf. Mit der Hilfe von Stipendien konnte er ein Communication Arts-Studium an der Divine Word University in Madang abschließen und arbeitet jetzt auf seiner ersten Stelle als Assistant Editor des Melanesian Institutes in Goroka. Während seiner Hochschulzeit ist seine musikalische Begabung aufgefallen und gemeinsam mit anderen jungen Künstlern der DWU wurde er berufen, um an der University of Queensland in Brisbane im Rahmen eines Tages zur Pressefreiheit zu singen.

Das Team stand also und wir machten uns voller Elan an die Aufgabe. Das Thema, das wir besingen wollten, ist vielgesichtig, in vielen Orten in Papua-Neuguinea fehlt es an grundlegender Infrastruktur. Es gibt weder Wasserleitungen noch Strom. Um Leistungen wie Krankenhäuser oder Schulen in Anspruch zu nehmen müssen oft viele mühsame Kilometer zu Fuß oder auf Buckelpisten zurückgelegt werden. Wir entschlossen uns aber relativ früh dafür, die Armut zu thematisieren, die wir jeden Tag selbst sehen und in der einer von uns aufgewachsen ist - die durch Urbanisierung ausgelöste Stadtarmut.

Wir einigten uns darauf, eine Geschichte zu erzählen, da uns dies als gute Möglichkeit erschien, dem Hörer das alltägliche Elend am anderen Ende der Welt vor Augen zu führen. Besonders betroffen machten uns die Kinder, die in diese Perspektivlosigkeit herein geboren werden und so entschlossen wir uns, die Geschichte des flaschensammelnden Jungen aus Madang zu erzählen.

Stanley kam während seiner Studienzeit oft mit ihm in Berührung und kannte alle Hintergründe. Ich kannte die Geschichten und hatte daraufhin bei vorangegangenen Besuchen in der Küstenstadt nach Flaschensammlern Ausschau gehalten.

Die Worte wählten wir dann sorgsam. Trafen uns nach Feierabend regelmäßig zum „Brainstorming“, wir wollten die reale Ausweglosigkeit verdeutlichen. Mit nur sieben Jahren muss dieser kleine Junge durch die staubige Hitze der Straßen von Madang laufen. Hoffen, dass er genügend Leergut findet, um für sich, seine Mutter und seine Geschwister etwas zu Essen zu kaufen. Selbst seitdem der Staat seit diesem Schuljahr für die Schulgebühren aufkommt, ist es für ihn nicht möglich, die Schule zu besuchen. Sein Verdienst wird gebraucht. Und ohne Bildung sind seine Chancen auf ein Ausbrechen aus der Armut denkbar ungünstig. Seine Mutter hat keinen Job, es ist wahrscheinlich, dass sie weder lesen noch schreiben kann. Von dem Leben in der Stadt erhoffte sie sich eine bessere Zukunft. Fand aber keine Anstellung, wurde dann schwanger mit den Kindern, aber alleine gelassen. In der Siedlung, in der sie lebt, gibt es zwar ein Zusammengehörigkeitsgefühl, aber aus Mangel an Mitteln kann sich auch hier untereinander nicht viel geholfen werden. Der Weg zurück in die Dorfgemeinschaft, in der die Ernährung sicher einfacher wäre, ist durch die Taten der Vergangenheit versperrt. Sie war nach ihrem Umzug lange nicht mehr dort und auch ihre Kinder machen die Rückkehr nicht leichter.

Am heimischen Computer richteten wir dann die Musik ein. Nach einigen Stunden und vielfacher Mausbedienung hatten wir, dank moderner Technik, unser Lied.

Anton Wohldorf

Freiwilliger auf Zeit der „Nordkirche Weltweit“, derzeit am Melanesian Institute in Goroka, PNG

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